Immer wieder Schweden
Jede Hauptstadt dieser Welt hat etwas Besonderes zu bieten, etwas was sie auszeichnet, oder besonders liebenswert erscheinen lässt. Wer kennt nicht dieses Gefühl, einem Haus gegenüber zu stehen und sich in dieses Gebäude zu vergucken. Besonders wenn man auf Wohnungssuche ist, ist man also empfänglich dafür. Das Gleiche passiert uns mit Städten, die jede irgendwie ihren eigenen Charakter hat. Schwedens Hauptstadt macht da keine Ausnahme. Ich habe Stockholm im Winter kennen gelernt. Die Kälte hält das emsige Treiben der Bewohner kaum auf, aber ich empfand, es lag ein besonderer Duft in der Luft.
Das Landschaftsbild Stockholms hat sich in der Geschichte der Stadt aufgrund der skandinavischen Landhebung stark verändert. Teile, die heute zum Festland gehören, waren vor einigen hundert Jahren noch Inseln. Ein Meerbusen der Ostsee umschließt die Stadt im Osten mit zahlreichen Buchten, Landzungen sowie etwa 24.000 größeren und kleineren Inseln, diese werden Schären genannt. Dieses Gebiet wird daher auch treffenderweise Schärenhof (Skärgården) genannt. Stockholm liegt am Ausfluss des Mälarsees, dem Riddarfjärden, in die Ostsee. Der Mälarsee erstreckt sich 120 Kilometer nach Westen ins Landesinnere. Slussen ist eine Schleuse mitten in Stockholm, sie trennt das Süßwasser des Mälarsees vom Salzwasser der östlich liegenden Ostsee. Etwa 30 Prozent der Stadtfläche sind mit Wasser bedeckt. Gleichwohl wird man nicht an Venedig erinnert.
Die Stadt bezieht ihr Trinkwasser aus Mälaren, und die hohe Wasserqualität erlaubt es, mitten in der Innenstadt Lachse zu angeln. Die Stadt erstreckt sich über 14 Inseln, die durch 53 Brücken verbunden sind. Ein großer Teil der Stadt besteht wie ganz Schweden aus Waldregionen. In nord-südliche Richtung zieht sich eine eiszeitliche Kiesmoräne, die vom Ausfluss des Riddarfjärden durchbrochen worden war. Die Inseln im Strom sind Reste dieses Rückens. Lange bevor jemand auf die Idee kam, Schwedens Hauptstadt auf diesen vielen kleinen Inseln anzusiedeln, gab es nachweislich eine kleine Verteidigungsanlage, die Angreifer daran hindern sollte, in den Mälaren (Mälarsee) einzufahren. Eine Besiedlung wurde von Historikern aber erst ab Mitte des 13. Jahrhunderts nachgewiesen. Diese Verteidigungsanlage war eine Art Pfahlbarriere, die vom isländischen Dichter Snorre Sturlasson in einem seiner Texte erwähnt wurde. Und tatsächlich stieß man bei Ausgrabungen im Jahr 1970 auf Überreste von Wasserpfählen, deren Alter bestimmt werden konnte. Sie stammten aus dem 11. Jahrhundert!
Snorre beschreibt auch einen Befestigungsturm, der an der Stelle des heutigen königlichen Schlosses gestanden haben soll. Der eigentliche Gründer der Stadt war der Regent Birger Jark, der um 1250 eine Festung bauen wollte, um den Mälarsee und dessen Anwohner vor Piratenplünderungen zu schützen. Wen Historie interessiert, der kann darüber in der mittelalterlichen Erik-Chronik nachlesen. Heute ist Stockholm nicht nur die Hauptstadt Schwedens, sondern die größte Stadt ganz Skandinaviens, aber bereits in einem Dokument aus den Jahre 1289 wird Stockholm als die bevölkerungsreichste Stadt des schwedischen Königreiches beschrieben. Stockholm ist mir als eine sehr saubere Stadt in der Erinnerung haften geblieben. Während meines ersten Besuches war Winter, aber schon beim zweiten Mal, war ich im Sommer dort. Der Sommer allerdings hat im Monat Juli gerade mal ein Temperaturmittel von schlappen 18 Grad, dafür wird es im Winter kaum mal kälter als 7 Grad unter null. Also sollte der verwöhnte Mitteleuropäer auch im Sommer seinen Winterpullover dabeihaben, denn die Abende und Nächte können kalt werden. Wir waren bei der Entstehungsgeschichte Stockholms. Kaum war die erste Festung gebaut, man begann damit 1248 ergab es sich in den folgenden Jahrzehnten, dass unter der Regierung Birger, Magnussons und des Königs Magnus Ladulås sich Stockholm zu einer wichtigen Handelsstadt entwickelte. Hier bereits kommt das heutige Deutschland ins Spiel. Ein wichtiger Handelspartner der damaligen Zeit war die Hansestadt Lübeck.
Wichtige Handelsabkommen zwischen Lübeck und Stockholm förderten den Wohlstand und vor allem das rasche Anwachsen. Zur damaligen Zeit kontrollierte die Hanse den schwedischen Überseehandel und zwar vom 13. bis ins 17. Jahrhundert hinein. Die Hanse war sowohl finanziell am schwedischen Überseehandel beteiligt, als natürlich auch mit Waren, Erzeugnissen für den Hintransport und einer Gewinnbeteiligung an den Schätzen aus Übersee. Um 1270 wurde Stockholm in Dokumenten erstmals als Stadt bezeichnet und obwohl Stockholm nicht wie viele schwedische Städte schon Anfang des 13. Jahrhunderts entstand, wurde es 1289 in einem Dokument als die bevölkerungsreichste Stadt des Königreiches beschrieben. Mitte des 15. Jahrhunderts war Stockholm auf 1000 Haushalte, sprich tausend Häuser angewachsen. Daraus ergeben sich in etwa 5000 bis 6000 Einwohner. Allerdings war Stockholm noch nicht die Hauptstadt Schwedens, denn der König, wie eben auch sein Sohn Magnus Ladulås, hatte noch keinen festen Regierungssitz. Der hauptsächliche Grund für die rasche Entwicklung der Stadt war aber ganz klar die strategische Lage. Stockholm beherrschte die Zufahrt zum Mälarsee.
Diese Region mit ihrem – auch heute noch wichtigen Süßwasservorkommen (heute vielleicht sogar noch wichtiger als damals) war vor den Toren Stockholms mit riesiger landwirtschaftlicher Nutzfläche und vor allem den ersten Eisenerzminen und der Eisenherstellung wirtschaftlich sehr bedeutsam. Die Ausdehnung der Stadt war zu dieser Zeit auf die Insel Stadsholmen (heute Gamla Stan) beschränkt. Stadsholmen bedeutet „Stadtinsel“ oder sinngemäß Insel auf der die Stadt errichtet wurde. Im Namen Stockholm ist noch eine Anspielung auf die geringe Größe der Insel bis auf den heutigen Tag erhalten. „Stock“ steht für Stamm oder Baumstamm, „holm“ für Insel. Die erste Insel schien in den Augen kritischer Betrachter gerade einmal Raum für einen Baum zu bieten. Die Insel selbst war tatsächlich sogar um ein Drittel kleiner als heute, und die Ströme wesentlich weiter. Im Verlauf der Jahrhunderte lernten die Schweden die Landgewinnung. Ob sie das von den Holländern abgeguckt haben, ist allerdings nicht bekannt.
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